Zum Frühstück hatte es Müsli und Brötchen gegeben (für Nella, Eka und Amy auch chinesische Snacks von Amy).
Als Nella satt war, ging sie zum H P. Eka kam mit.
>>Ey, irgendwie fühle ich mich beobachtet. Halt mal an<<, sagte Nella.
>>Ich denke auch die ganze Zeit, dass uns wer folgt<<, erklärte Eka.
>>In der Tat, ihr werdet beobachtet!<<, rief eine Stimme, die Nella sehr bekannt vorkam. Sie drehten sich um. Wie erwartet war es Waldo. Er fuhr laut fort: >>Keine Bange, Nella! Ich beobachte dich nicht wegen dir, sondern wegen Eka! Ich war nur mit dir zusammen, um an Eka heranzukommen! Aber als ihr nicht mehr so viel zusammen gemacht habt, hab ich Schluss gemacht! Es hatte eh keinen Sinn! Ehrlich, es geht mir nur um Eka! Meinetwegen können wir uns vertragen, Hauptsache, ich kriege Eka! Ich muss mit ihr sprechen!<<
Eka schwitzte und machte einen Schritt auf ihn zu. >>Ähh... Okay. Was hab ich denn gemacht? Würde ich, äh, ganz gern wissen!<<
>>Natürlich würdest du das ganz gern wissen! Aber keine Angst, ich tu dir nichts!<<
>>Das hätte ich ehrlich gesagt auch nicht gedacht. Ich denke nur, dass ich halt irgendwas schlimmes gemacht hab, für das ich jetzt bezahlen soll... Stimmt's?<<
>>Nö! Ich will dir nur sagen, dass ich in dich verknallt bin!<<
>>Äh... Ach so!<<
Nella ging weiter und ließ die beiden allein. Sie wollte nicht stören. Sie setzte sich auf eine Bank und packte ihren Rucksack aus.
Shun und Mitsuko liefen vorbei. Wenn sich Nella die beiden so ansah... Es war doch gar nicht so zweifelhaft, dass die beiden heiraten wollten und es nur nicht zugeben wollten. Nella warf ihnen einen bösen Blick zu. Shun bemerkte das und schaute zu Mitsuko. >>Naze kanojo wa kon'na koto o shite iru nodeshou ka?<<, fragte er sie.
Mitsuko antwortete achselzuckend: >>Wakaranai!<<
>>Nella wa chotto okotte iru yōdesu!<<, sagte Shun.
Mitsuko sagte: >>Watashi mo sō omoimasu. Shikashi, anata wa sore ni narete imasu. Kanojo wa amari kōkan ga motenai.<<
Shun nickte und sah wieder zu Nella. Er seufzte. Nellas Blick war nicht weniger finster geworden.
Shun wandte sich wieder Mitsuko zu. >>Kanojo wa totsuzen watashi o kiratte iru yōdesu.<<
Mitsuko sah Nella argwöhnisch hinterher. >>Kono Nella wa kanzen ni seijōde wa arimasen. Itte okimasuga, kanojo ni wa amari sensu ga arimasen! Shikashi, soredemo, nanika ga kanojo no naka ni shin'nyū shimashita! Kore wa tashika ni hijō ni kantan ni eikyōwoukeru kanōsei ga arimasu.<<
Shuns Blick schweifte mal wieder in die Ferne. >>Anata ga tadashī.<<
Shun und Mitsuko verschwanden weiterredend. Nella war einigermaßen fasziniert davon, wie schnell sie die vielen Silben aussprechen konnten. Von einer wütenden Eifersucht getrieben, steigerte sie sich in ihre Gedanken hinein. Shun und Mitsuko sind zusammen und waren es schon immer! Tag für Tag verschwören sie sich fieser gegen mich und benutzen noch dazu die Geheimsprache Japanisch! Leider konnte ich nicht aufnehmen, was sie gesagt haben! Das könnte ich sonst auf dem Smartphone übersetzen! Trotzdem: Shun und Mitsuko sind zusammen! Shun und Mitsuko sind zusammen! Sie wollen heiraten! Die arme Matsu! Bestimmt landet sie nur wegen ihrer ungezogenen Kinder im Gefängnis! Ganz bestimmt ist Shun nicht meine wahre Liebe! Nella packte ihre Sachen und lief Shun und Mitsuko hinterher. Sie war so wütend, dass sie nicht bemerkte, wie traurig ihre Stimmen klangen und wie traurig ihre Blicke waren. >>Shun! Du bist so ein Betrüger! Ich dachte fast, du liebst mich auch! Aber stattdessen gibt es für dich nur Mitsuko! Dass du sie nicht heiraten willst, ist eine Lüge! Eine dreiste noch dazu!<< Nella warf mit einem Apfel nach ihnen.
Mitsuko fing ihn auf und biss in den Apfel. Shun sah Nella zuerst traurig an, doch dann verflog seine Trauer und sein Gesicht nahm steinharte, ernste Züge an. >>Du bist komplett verrückt<<, sagte er kühl und sein japanischer Akzent wurde mit jeder Silbe stärker.
Mitsuko verengte ihre Augen zu Schlitzen, spuckte auf den Apfel, legte ihn auf die Erde, um ihn mit Ameisen zu versehen und warf ihn Nella ins Gesicht.
>>Ich habe dir nie Hoffnungen gemacht<<, sagte Shun und drehte sich um. Er war bereit, weiterzugehen. Für Mitsuko war es noch nicht zu Ende. Sie zog einen Kataner aus ihrem Rock und hielt ihn Nella entgegen. >>Bist du bereit, die Wahrheit zu erfahren, die blutige?<<, fragte sie und lächelte bedrohlich.
>>Lass das, Mitsuko. Es hat keinen Sinn. Nella ist fuchsteufelswild und wird sich wie von der Tarantel gestochen wehren. Sie hat den Verstand verloren und ist nicht mehr sie selbst. Lass sie, vielleicht kommt sie noch zur Vernunft<<, sagte Shun.
>>Ich bin auch fuchsteufelswild und werde mch wie von der Tarantel gestochen wehren. Sie wird schon nicht sterben.<< Mitsuko lächelte noch immer, den Kataner auf Nella gerichtet.
>>Du bist nicht nur schlau, du bist auch stark. Aber ich kann dich immer noch nicht lieben.<< Shuns Blick wurde undurchdringlich.
Nella, von Ameisen bedeckt und einen blauen Fleck auf der Wange, nutzte die Gelegenheit und riss Mitsuko den Kataner aus der Hand. >>Jetzt kannst du nichts mehr gegen mich machen, du feige Mitsuko!<<, rief sie.
Shun trat auf sie zu und schüttelte sie an den Schultern. >>Wie ist dein Verstand abhandengekommen? Wie? Mitsuko ist nicht feige, sie ist mutig. Aber ich liebe sie nicht, verstanden? Jetzt sag die Wahrheit: Wie hast du den Verstand verloren? Was ist passiert?<< Er war kaum noch zu verstehen, da er so schnell und seltsam redete.
>>Ich habe meinen Verstand nicht verloren! Aber als ihr so verdächtig zusammen rumgelaufen seid, da hab ich natürlich gedacht, ihr wärt zusammen!<< Nella gab ihm den Kataner.
Der ruhige Shun von vorher war in dem japanisch sprechenden, steinernen und doch brennenden Shun, der jetzt vor ihr stand, nicht wiederzuerkennen. >>Wir sind nicht zusammen, wir sind nicht zusammen, wir sind nicht zusammen, wirsind-nichtzusammen, wirsindnicht-zusammen, wirsindnichtzusammen, wrsndnchtzsmmn! Ich bin nicht mit Mitsuko zusammen! Ich heirate sie, aber ich bin nicht mit ihr zusammen! Wirsindnichtzusammen! Wirsindnichtzusammenwirsindnichtzusammenwirsind'snicht!<< Shun schrie fast.
>>Schon gut, ich hab's verstanden, Shun!<<, sagte Nella und streckte abwehrend die Hände aus.
>>Gut.<< Shun gab Mitsuko ihren Kataner zurück, während er den Blick auf Nella fixierte.
Mitsuko ließ den Kataner wieder in ihrem Rock verschwinden. Ab diesem Tag würde Nella immer Angst vor ihr haben. Die versuchte sich inzwischen von den Ameisen zu befreien.
Mitsuko und Shun gingen weiter, doch Nella spürte, dass Mitsuko noch immer siegreich lächelte, siegreich und doch finster. Sie spürte auch, dass Shuns Inneres in Flammen stand und man ihn auf eigene Gefahr ansprach. Sie konnte noch hören, wie er Mitsuko fragte: >>Wer war das?<< Daraufhin antwortete Mitsuko: >>Das war Nella, diese dumme, unverständige Verrückte!<<
>>Das war nicht Nella. Oder Nella war nicht sie selbst<<, murmelte Shun. Dann konnte Nella die beiden nicht mehr hören. Sie verstaute ihre Sachen wieder in ihrem Rucksack, schulterte ihn und ging zu einem kleinen See. Sie legte ihren Rucksack ab und sprang ins Wasser, um sich von den Ameisen zu befreien. Klitschnass (dank des Bads) und dampfend vor Wut auf Mitsuko, die Königin der Ameisen, stieg sie wieder aus dem Wasser. Als sie wieder an Land war, sah sie Waldo und Eka auf sich zukommen. Es sah ganz danach aus, dass sie ein Paar waren. Alles sprach dafür: Ihre Mienen, ihre Hände, die sich hielten und ihre Blicke, die sehr glücklich aussahen.
>>Warum hast du das getan?<<, fragte Eka sie.
>>Weil mich Mitsuko mit einem Apfel mit Ameisen beworfen hat!<<, sagte Nella.
>>Warum hat dich Mitsuko mit einem Ameisen-Apfel beworfen?<< Eka sah sie an.
>>Mitsuko hat mich mit einem Ameisen-Apfel beworfen, weil ich ihr vorher den Apfel ins Gesicht geschleudert hab, weil ich dachte, dass Shun und sie zusammen waren.<<
>>Und? Waren sie's?<<
>>Angeblich nicht.<<
>>Aha. Merkwürdige Geschichte.<<
>>Oho! Absolut!<<, mischte sich Waldo ein.
>>Aropos, wir sind auch zusammen<<, sagte Eka. >>Also Waldo und ich.<<
>>Dann bis später, ich wechsel' jetzt meine Klamotten. Hab ich ja sehr nötig<<, erklärte Nella. Als sie sich umgezogen hatte, merkte sie, dass der Flur gerammelt voll war. >>Was ist da los?<<, fragte sie Stanisław.
>>Amy hat versprochen, eine superleckere Überraschung zum Mittagessen dazuzustellen, aber die Tür zur Kantine ist noch zu<<, sagte Stanisław. >>Gül versucht gerade, sich durchzudrängeln und schon was für mich zu ergattern. Mir ist das hier zu voll.<<
Nella versuchte, sich in dem Gedränge vorwärts zu bewegen. Wenn Amy etwas gekocht hatte, war es bestimmt lecker. Plötzlich wurde sie brutal zur Seite geschubst und bekam einen Ellbogen ins Gesicht. Malwin! Er hastete rücksichtslos in die entgegengesetzte Richtung und schien es sehr eilig zu haben.
>>Ey! Aua!<<, schrie Nella ihm hinterher, doch Malwin schenkte ihr keine Beachtung. Nella folgte ihm. Bestimmt hatte er etwas nicht ganz sauberes im Sinn. Als er bemerkte, dass Nella ihn verfolgte, wollte er ihr ein Bein stellen, doch Nella wich aus und schubste ihn nach vorne. Er stieß mit An zusammen, die gerade mit den Fäusten an die Tür zur Kantine hämmerte.
>>Oouh, sorry, An! Tut mir wahnsinnig leid!<<, sagte Nella und fasste sich mit der Hand an den Kopf.
>>Nein, alles gut<<, stotterte An verwirrt. >>Hi, Malwin.<<
>>Gib's zu, du bist in mich verliebt! Aber ich halte nicht von dir, An!<<, rief Malwin.
>>Natürlich bin ich in dich verliebt! Was dachtest du denn?<<
>>Na, das! Nichts anderes! Aber ich hasse dich!<<
>>Ja, weiß ich! Ist mir schon klar!<<
>>ICH HASSE DICH, AN! Mach dir das bewusst!<<
>>Hab ich schon! Ich weiß es schon! Denkst du, mir fällt nicht auf, dass du schon mit Iracema, Eka und Charlotte zusammen warst, aber nicht mit mir?<<
>>Nö, das denke ich nicht! Warum bist du noch in mich verliebt?<<
>>Na... Na... Keine Ahnung! Ich bin's halt!<<
>>Das ist voll dumm! Du weißt genau, dass ich nie in dich sein werde!<<
>>Ja, natürlich weiß ich das ganz genau! Aber... Warum?<<
>>Keine Ahnung, ich hasse dich einfach!<<
>>Ich versteh' das nicht! Eka hasst du auch, aber du warst mit ihr zusammen!<<
>>Ja, manche kann ich eben aushalten, manche anderen nicht!<<
>>Das ist so unverständlich! Ich versteh's immer noch nicht!<<
>>... Versteh mich doch! Jetzt sei ncht so verständnislos! Ich versteh's ja auch nicht!<<
>>Seltsam.<<
>>Iuurgh! Das ist nicht seltsam!<<
>>In wen bist du denn in echt? Natürlich weiß ich ganz genau, dass du's mir nicht sagst, aber ich frag' trotzdem!<<
Malwin sah sich um und zerrte An mit nach draußen. >>In die tote Carola-Lee. Ich liebe die tote Carola-Lee, die schon krank war, als ich begann, sie zu lieben. Ich hatte nie die Gelegenheit dazu, es ihr zu sagen. Iracemas Züge haben mich an die von ihr erinnert. Charlotte hatte auch Ähnlichkeit mit ihr. Ich wusste, dass Carola-Lee bald sterben würde. Ich als einziger habe es gewusst, doch ich konnte niemanden warnen. Um nicht zu traurig zu sein, habe ich es nie mit ihr aufgenommen. Stattdessen war ich mit ihren lebenden Kopien zusammen. Doch meine dunklen Vorahnungen haben mich dazu gebracht, einen Hang dazu zu haben, Schaden anzurichten und Leid zu verbreiten. Daher war ich mit Eka zusammen. Ich wollte ihr Leid zufügen. Aber von der Kontur hat sie mich auch an Carola-Lee erinnert.<<
Nella hörte all das und zuckte jedes Mal zusammen, wenn der Name Eka fiel oder Malwin von Carola-Lee sprach.
Malwin fuhr fort: >>Dich, An, habe ich immer gehasst. Du hast mich nie an Carola-Lee erinnert. Dein Stil ist wie der ihre, aber dein Körper, dein Gesicht und dein Charakter sind ganz anders.<< Malwin sah zu Boden.
An schwieg. Doch dann sagte sie knallhart: >>Es liegt also nicht an mir, dass du mich nicht liebst, sondern an Carola-Lee. Jetzt weiß ich es.<<
Malwin sagte lange nichts. Dieses Geständnis war eines seiner wenigen gewesen.
An schluckte. >>Du liebst mich nicht, weil ich keine Ähnlichkeit mit Carola-Lee habe. Aber... Warum hasst du mich dann gleich? Ist das begründet?<<
>>Ich bin ein sehr böser Mensch. Ich hasse dich, weil du... weil du... weil du so aussiehst... Weil du eben so aussiehst wie du!<<
An sah zu Boden und blickte wieder zu ihm auf. >>Mein... Aussehen! Aber ich sehe doch normal aus!<<
>>Deine Augen! Deine Haare! Dein Kiefer!<<
>>Was ist an meinen Augen falsch, an meinen Augen und meinen Haaren und meinem Kiefer?! Ekas Gesichtszüge sind doch genau wie meine! Und meine große Schwester Ling, sie ist auch so! Und Amy! Und Shun! Und Mitsuko! Und Midori! Und Bert! Und Cecilie!<<
>>Aber du siehst so... So chinesisch aus! Eka sieht malaiisch aus! Tut mir leid, dass ich das sagen muss, aber... aber... Nein, ich muss aufhören, so zu denken!<<
Nella platzte der Kragen. >>Du bist ein Rassist!<<, schrie sie.
>>Das würde Christabel auch sagen<<, sagte Malwin. >>Aber ja, du hast recht. Ich bin ein Rassist.<<
>>Ling und Amy sehen genauso chinesisch aus wie ich<<, gab An wütend von sich. >>Und Midori und Bert und Cecilie und Shun und Mitsuko eigentlich auch, aber der Unterschied ist, dass sie Japaner und Koreaner sind und keine Chinesen! Aber ich begreife nicht, warum Chinesen für dich schlechter sind als andere Südostasiaten. Liegt das an... an... Der Politik? Der Umweltverschmutzung, der Stromverschwendung, der Tierquälerei, der Menschenverschwendung- und Quälerei? China hat auch schöne Seiten! Natur, Steppen, Berge, Flüsse, Kultur, Tiere, Essen...<<
>>Ach, ich weiß auch nicht. Hör einfach auf damit, An. Ich weiß ja, dass ich ein schlechter Mensch bin, aber ich wollte es eben auch sein. ich habe ja nichts gegen Chinesen, ich hasse dich ja nur einfach!<< Malwin griff sich in die Haare.
>>Ich will auch nicht streiten, ich bin geboren, um friedlich zu sein. Wie jeder weiß, bedeutet mein Name >Frieden<. Hat Ling ja mal herumposaunt, als sie mit Ahuva auf der Bühne stand. Und sie hat gesagt, dass ich für sie nicht friedlich bin. Das stimmt auch. Wir streiten uns immer. Hat sie selber gesagt. Aber ich hasse sie nicht! Ach, ich kann es einfach nicht verstehen.<<
>>Hören wir einfach auf damit. Ich finde das ganze hier nicht mehr normal.<<
An drehte sich um und erblickte Nella. >>Du... Du hast alles gehört?<< Sie zuckte zusammen.
>>Ja, ich hab alles mitgehört. Malwin, du musst dich bessern! Du kannst einfach nicht weiter ein schlechter Mensch bleiben!<< Nella ging auf Malwin zu.
>>Geh nicht weiter auf mich zu, Nella. Ich bin überlastet. Ich werde ja auch schon ein guter Mensch. Aber gleich kriege ich wirklich 'n Burnout.<< Malwin ging rein. An folgte ihm hinein.
Nella ging zum Mittagessen.
>>Warum kommst du verspätet?<<, fragte Stanisław. >>Es ist schon fast alles aufgegessen, was Amy mitgebracht hat.<<
>>Oh! Fällt das sehr auf, dass ich verspätet gekommen bin? Ich musste eben, äh, noch was mit An und Malwin klären...<<
>>Nee, es fällt nicht so auf. Schnell, greif zu! Gleich ist alles weg!<<
Nella drängte sich nach vorn zum Tisch und schnappte sich das vorletzte Schälchen. Das letzte nahm sich übrigens An.
Plötzlich gab es einen lauten Krach. Gül war das Tablett mit dem Teller und dem Glas heruntergefallen. Jetzt sammelte sie mit Stanisław zusammen alle Scherben ein, die sie produziert hatte. Carla lachte Gül gehässig aus. Nella warf ihr einen strengen Blick zu.
>>Was hast du da jetzt schon wieder angerichtet, Gül?<<, murmelte Stanisław und schüttelte den Kopf. Gül grinste verunsichert. >>Äh... Weiß nicht... Der Teller ist mir runtergefallen... 'tschuldigung... äh...<< Als sie alle Scherben eingesammelt hatten, beförderten sie sie in den Abfalleimer. Dann kehrten sie an ihre Plätze am Tisch zurück, als ob nichts gewesen wäre.
>>Gül, du musst echt ein bisschen besser aufpassen! Mit deiner Tollpatschigkeit geht das so nicht weiter! Du gibst dich der Lächerlichkeit preis! Carla hat dich schon ausgelacht, hast du das gesehen?<<, raunte Stanisław Gül zu.
>>Genau, Gül! Bald, wenn du mal Frühstück machst, tust du sicher Rosinen in Stanisławs Müsli!<<, ergänzte Christabel vorwurfsvoll.
>>Die Rosine, auf Latein uvae passae, getrocknete Traube, beinhaltet an sich keine schädlichen Stoffe<<, erklärte Midori sachlich und rückte ihre grün-goldene Brille zurecht. >>Es ist aber natürlich, dass Stanisław eine Rosinenallergie hat. Es gibt nämlich alle möglichen seltsamen Allergien. Sie sind nicht ansteckend.<<
>>Ich zum Beispiel habe eine Allergie gegen Christabel<<, zischte Gül und warf Christabel einen Blick zu. >>Sehr seltsame Allergie.<<
>>Stimmt. Deine Christabel-Allergie ist ein sehr interessantes und merkwürdiges Phänomen.<< Midori nickte.
Gül konnte ein Lachen nicht unterdrücken. Stanisław lachte herzlich mit. Nella kicherte auch. Christabel nicht. Sie schaute grimmig drein. >>Wollt ihr Midori etwa auslachen? Eine Anti-Christabel-Allergie ist schließlich wirklich eine sehr seltsame Allergie.<<
>>Allerdings halte ich sie eigentlich für unwahrscheinlich. Eine Allergie gegen einen bestimmten Menschen ist sehr unnatürlich<<, sagte Midori.
>>Das stimmt. Gül hasst mich nämlich einfach nur<<, bestätigte Christabel.
>>Ich würde dich ja nicht hassen, wärst du nicht dauernd so eifersüchtig auf mich!<<, konterte Gül.
Eigentlich gab es zum Mittagessen Nudeln, Pizza, Auflauf und Salat. Zum Abendessen gab es Kartoffelsalat, Griesbrei, Brot und Amys Spezialitäten.
Nach dem Essen ging Nella in den Gemeinschaftsraum und hörte sich die Bands >Natalya<, >Eka< und >Inci< an. Als erstes kam >Natalya<, die nur aus Natalie bestand. Sie sang einen Song, der >Aluna Natalya< hieß. Aluna war nämlich ein Name aus Kenia und bedeutete >>Komm her<<. Aluna war in der Band >Pronomy< mit Amali, Charlotte und Arvo. Als Natalie sie nach der Bedeutung ihres namens gefragt hatte, war sie auf die Idee gekommen. Charlotte war nämlich außerdem mit Natalie befreundet und wollte, dass Natalie in die Band >Pronomy< eintrat. Sie sagte also sozusagen: >>Komm her, Natalie<<. Darüber sang Natalie, als sie auf der Bühne stand. Nach ihr war Eka dran. Sie sang darüber, dass sie jetzt mit Waldo zusammen war. Als sie fertig war, war Inci mit ihrem Quatsch über den längst vergangenen Streit mit Bela an der Reihe. Nella hörte sich alles an, dann ging sie ins Bett.
Mittwoch, 5. Februar 2025
10: Von Katanern und uvae passae
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14: Abend-Telefonate
Während Nella das Frühstück aß, beriet sich Gül mit Midori. >>Gut, ich hab dieses Haus jetzt gekauft! Danke für deinen Viertelanteil, ...
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Am nächsten Morgen gingen alle Heimer ins Esszimmer. Es gab frische Brötchen, Sauerkirschmarmelade, Nougatcreme, Frischkäse, Himbeerkonfitür...
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Nach dem Frühstück ging die Disko weiter. Nella merkte, dass Shun ihr heute absichtlich aus dem Weg zu gehen schien. Anscheinend hatte er Wi...
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Schon frühmorgens hörte Nella den Lärm der Disko. Diesmal hatte sie aber ungewöhnlich früh angefangen! Na ja, das war ja nicht schlecht. Nel...
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