Montag, 3. Februar 2025

9: Glibber-Mango und Nudelsuppe

Als Nella mit dem Frühstück fertig war, merkte sie, dass Vidar ihr fehlte. Sie war es schon gewohnt, mit ihm zusammen zu sein und alles mit ihm gemeinsam zu machen. >>Grrr! Wenn dieser... dieser... ich wende jetzt lieber kein Schimpfwort an! Wenn dieser Waldo nicht gewesen wäre, wäre jetzt noch alles gut zwischen mir und Vidar! Das zahle ich ihm heim!<<, zischte sie mit zusammengepressten Zähnen. Schnurstracks lief Nella auf Waldo zu.
>>Was is'n jetzt schon wieder? Wenn du Streit willst, hau' ich ab, das sag' ich dir! Wenn du aber keinen Streit willst, mach hinne! Hab keine Zeit für Kaffeekränzchen!<<, warnte Waldo und signalisierte ihr, ihm nicht zu nahe zu kommen, indem er die Hand abwehrend ausstreckte.
>>Natürlich will ich Streit, aber du bleibst schön hier! Wir haben nämlich was zu klären, du und ich!<<, sagte Nella und hielt ihn am Arm fest.
>>Hey! Ich komme nicht, um mich mit dir zu prügeln! Also lass mich gefälligst los! Ich hab echt weder Zeit noch Bock!<<
>>Nicht wenn du wegrennst! Schwör mir, dass du dann stehen bleibst!<<
>>Na toll, dann bleib' ich halt stehen. Jetzt lass mich los!<<
>>Tu ich ja schon! Nicht so aufdringlich! Aber wegen dir mag mich Vidar nicht mehr! War das etwa Absicht?<<
>>Nein, das war keine Absicht! Aber wäre es erst jetzt passiert, wäre es Absicht!<<
>>Bloß nicht! Zukünftig wirst du mir in meiner Liebe nicht schaden!<<
>>Da! Schau mal her! Vidar läuft gerade mit Amira-Parizad!<<
>>Ist mir egal!<<
>>Oho! Ihr passt also wirklich nicht! Wusstest du schon, dass Vidar eigentlich sehr sozial ist?<<
>>Klar, und ich bin asozial, nhe?<<
>>Genau! Du hast einen sozialverdächtigen Verstand!<<
>>Mitsuko hat mich gestern auch schon verständnislos genannt! Ich habe sehr viel Verstand! Geografie ist nicht wichtig!<<
>>Da musst du noch einiges verlernen! Du hälst deinen Beauty-Kram ja für überlebenswichtig! Beauty-Kram, Süßigkeiten und Freundinnen und sowas! Und was ist, wenn plötzlich ein Krieg kommt? Na, was machst du dann? Ich hab nicht das Gefühl, dass du sehr sportlich bist!<<
>>Wollen wir ein Wettrennen machen? Dann kannst du dich überzeugen!<<
>>Sehr gerne! Ich wette trotzdem, dass ich gewinne!<<
>>Also los!<<
>>Halt, stopp! Was ist die Ziellinie?<<
>>Der Stock da! Jetzt aber los!<<
Waldo und Nella sprinteten nebeneinander her. Waldo war tatsächlich erstaunlich schnell, aber Nella gewann trotzdem.
>>Erste!<<, schrie sie triumphierend.
>>Bäh, das war Schummeln!<< Waldo verschränkte die Arme. An den folgenden Tagen machten sie wieder solche Wettkämpfe und meistens gewann Nella.
>>Hey, meine Beine tun weh!<<, sagte sie an einem Nachmittag. >>Stopp, Waldo!<<
>>Oho! Du bist aus der Puste! Streng dich gefälligst ein bisschen an! Na gut, wir können schon aufhören...<< Waldo streckte sich.
>>Ich hole Eka. Dann könnt ihr beiden ein Wettrennen machen.<< Nella rannte in ekas Zimmer und holte sie.
>>Was ist?<<, fragte Eka.
>>Komm mit<<, sagte Nella und nahm Eka an der Hand. Sie gingen zu Waldo.
>>Hallo Eka!<<, sagte dieser.
>>Äh... Hi Waldo<<, sagte Eka.
>>Gut so, Eka. Ab jetzt rede ich nicht mehr mit ihm. Wenn er mich was fragt, musst du antworten<<, erklärte Nella.
>>Was soll ich denn mit ihm und dem Stock?<<, fragte Eka.
>>Das Wettrennen könnt ihr eigentlich auch lassen<<, sagte Nella.
>>Gut. Er würde sowieso gewinnen.<<
>>Hasst Nella mich immer noch?<<, fragte Waldo.
>>Glaube schon. Irgendwie hab ich auch das Gefühl, dass sie dich nicht mag<<, sagte Eka und kratzte sich am Kopf.
>>Oh, wie schade Nella. Leider hasst du mich ja immer noch.<< Waldo grinste.
Eka sah ihn irritiert an.
>>Ich dachte, du hättest mich sehr lieb<<, fügte Waldo dann ironisch hinzu.
>>Magst du sie?<<, platzte es aus Eka heraus.
>>Natürlich, super gerne! Wir sind zusammen!<< Waldo breitete erklärend die Arme aus.
>>Das ist nicht dein Ernst, oder? Sieht Nella das auch so?<<, fragte Eka kopfschüttelnd.
>>Natürlich sieht Nella das auch so! Nella ist total in mich verknallt! Nur sie ist viel zu schüchtern, um das zu sagen!<< Waldo bekam einen Lachanfall.
>>Boah! Ich hasse dich, Waldo!<< Nella lachte mit.
Eka sah von Waldo zu Nella und von Nella zu Waldo. Sie schien geistig noch nicht ganz mitzukommen.
Nella boxte Waldo in die Seite.
>>Also seid ihr jetzt zusammen oder seid ihr verstritten? Ich verstehe euch gerade nicht<<, fragte die arme Eka.
>>Äh... Keine Ahnung<<, sagte Waldo. >>Nella scheint mich ja immer noch zu hassen.<<
>>Nella? Was sagst du?<< Eka schaute Nella verdattert an.
>>Weiß nicht<<, behauptete Nella so unschuldig wie möglich. Die gute Eka glaubte ihr und war befriedigt. >>Kann ich wieder gehen?<<, fragte sie.
>>Ja, klar<<, sagte Nella, der gerade sowieso nicht viel an Eka gelegen war.
>>Was jetzt?<<, fragte Waldo, als Eka weg war.
>>Jetzt ein Geheimnis<<, sagte Nella.
>>Welches? Du bist in mich verknallt, was?<<
Nella nickte und das Blut schoss ihr ins Gesicht.
>>Yippieh!<<, rief Waldo. Doch dann verdunkelte sich sein Gesicht. >>Ich muss leider los. Ich hab einen Termin beim Optiker. Ich brauche neue Nasenpads.<<
>>Okay, dann tschüs.<<
>>Bis später!<<, rief Waldo und schwang sich auf sein Fahrrad.
Nella ließ sich ins Gras plumpsen und nahm sich ihr Smartphone. Nachdem sie ihre Mails gecheckt hatte, dachte sie: Das geht echt schnell! Vor ein paar Tagen hab ich Waldo noch voll gehasst, aber eigentlich ist er richtig nett...
Plötzlich sah sie Shun vorbeilaufen. Er hatte die Hände in den Hosentaschen und die Gedanken bei seiner bevorstehenden Hochzeit mit Mitsuko, das sah man ihm an. Sie steckte schnell ihr Handy weg und rief: >>Hi Shun!<<
>>Hi Nella!<<, sagte Shun. >>Gutes Wetter heute, nhe?<<
>>Cool, du hast ja richtig gute Laune! Was gibt's?<<
>>Na, gutes Wetter eben! Ich fand's langsam zu eintönig, immer traurig zu sein, und deshalb hab ich mich einfach mal wieder gefreut. Und du? Du bist ja auch voll froh.<<
>>Ja, ich bin jetzt mit Waldo.<<
>>Und der arme Vidar?<<
>>Den gibt's für mich nicht mehr.<<
>>Seit wann?<<
>>Seit 'n paar Tagen. Seit Waldo.<<
>>Für ihn gibt's jetzt auch nur noch Amira-Parizad, wie's aussieht.<<
>>Für wen? Für Waldo oder für Vidar?<<
>>Na für Vidar natürlich.<<
>>Puh. Ich geh' jetzt zum Abendessen.<<
>>Ich komm' mit. Mitsuko hat zwar was gekocht, aber das Gericht ist richtig eklig. Ich ess' lieber hier was.<<
>>Gute Entscheidung.<<
So gingen Nella und Shun zusammen zum Abendessen. Als sie fertig waren, hörten sie sich noch die Bands an und gingen dann schlafen.

Am nächsten Tag kam Waldo wütend auf Nella zu. >>Nella!<<, donnerte er.
>>Was ist?<<
>>Mir reicht's! Ich mache Schluss! Ich kann nicht mehr mit dir leben! Ich hab die Nase gestrichen voll von einer komischen, dicken, flatterhaften, beauty-besessenen, gefräßigen, dummen Teenagerin, von dir! Es ist aus! Such dir wen anderes! Ich halt's nicht mehr aus! Das Zusammensein ist für mich nichts! Du wirst doch wohl schnell einen anderen finden! Ich bin jetzt weg!<< Waldo machte auf dem Absatz kehrt und verschwand.
>>Du bist so gemein!<<, schrie Nella ihm hinterher und schlug in der Luft nach ihm. Dann rannte sie zu Shun. Er saß, den Kopf in die Hände gestützt, mit Mitsuko auf einer Treppe. Als Mitsuko Nella sah, rannte sie weg und versuchte, Shun mit sich zu zerren. >>Komm, Shun! Das dumme Ding ist wieder zurück! Ihr dürft keine Freunde werden!<<
>>Ach Mitsuko. Wieso denn nicht? Ich hab eh keine. Und wenn wir geheiratet haben, hab ich nichts mehr mit ihr zu tun.<<
Aber Mitsuko war schon weg.
Shun stand auf. >>Was ist, Nella?<<
>>Shun! Waldo hat Schluss gemacht! Wie soll ich damit umgehen?<<, rief Nella aufgebracht.
>>Ignorier ihn einfach.<< Shun wuschelte sich durch die Haare. >>Und dann hast du ihn morgen auch wieder vergessen. So einfach ist das bei dir.<<
>>Ich werd's probieren.<<
>>Für dich ist das leicht. Du hast das auch schon bei 3 anderen Jungs geschafft. Bei Stanisław, Bela und Vidar.<<
>>Ja, aber in Stanisław und Bela war ich nicht verknallt.<<
>>In Vidar schon.<<
>>Auf ihn hab ich ja sicher auch nur gestanden.<<
>>So langsam habe ich das Gefühl, dass du die ganze Zeit irgendwen anderen liebst, aber es nicht weißt, wen, oder es nicht sagen willst. Aber sei beruhigt: Ich weiß auch nicht, wer es ist. Und vielleicht ist das auch nur Bauchgefühl.<<
>>Vielleicht. Irgendwie glaube ich dir.<<
>>Aber vergiss lieber das, was ich gesagt habe. Wahrscheinlich hast du davon keinen Nutzen oder ich habe nur Quark geredet. Und außerdem bin ich ja später weg.<<
>>Ja, weil du Mitsuko heiraten wirst.<<
>>Was ich noch heute sehr bedaure.<<
>>Ich glaube, du wirst es immer bedauern.<<
>>Natürlich. Vielleicht machst du irgendwann übrigens auch so einen Fehler und heiratest auch zum Beispiel irgendwen, den du nicht liebst. Dann weißt du auf jeden Fall, wie das ist. Aber ich hoffe für dich, dass das nicht passiert und du immer dein einfaches Leben weiterleben kannst.<<
>>Ich werde, glaube ich, nie heiraten. Es sei denn...<< Sie brach plötzlich ab.
Shun schwieg und schlug die Augen nieder. Schließlich sagte er mit gepresster Stimme: >>Tu das nicht.<<
>>Aber egal. Ääääh... Zur Sache. Vielleicht werde ich Eka heiraten.<<
>>Ich halte das für eine nicht so gute Idee.<<
>>Ja, ja.<<
>>Ich werde jedenfalls Mitsuko heiraten.<<
>>Ja...<<
>>Nella, jetzt sei mal ganz ehrlich: Warum willst du verhindern, dass wir heiraten? Ich meine... Es steht doch schon fest. Und du allein kannst das nie schaffen.<<
>>Ich allein nicht! Aber ich mit euch kann das schaffen! Ich will es verhindern, weil ihr nicht heiraten wollt!<<
>>Mitsuko hilft dir nicht. Und ich auch nicht. Es ist einfach zwecklos. Wir können zu dritt auch nicht viel machen. Und manche Leute haben eben so ein Schicksal. Da kann man nichts machen.<<
>>Manche Leute! Du aber nicht!<<
>>Lass es doch passieren. Es schadet dir ja nicht, wenn wir heiraten.<<
>>Aber euch! Und mir auch! Wenn Mitsuko immer bei dir ist, wird sie auch immer bei dir sein, wenn du bei mir bist! Aber ich hasse Mitsuko!<<
>>Vielleicht hasst du mich auch. Und ich werde gar nicht mehr bei dir sein, ich werde immer nur bei Mitsuko sein.<<
>>Das ist sehr schlecht! Und ich hasse dich nicht!<<
>>Woher weißt du das?<< Shuns kleine, dunkelbraune Augen nahmen einen traurigen Ausdruck an.
>>Na ja, ich weiß es halt.<<
Plötzlich zuckte Shun zusammen, als ob ein elektrischer Schlag ihn getroffen hätte. >>Aber...<< Er brach ab.
>>Was ist, Shun?<<
>>Vergiss es einfach. Du brauchst es nicht zu wissen.<<
>>Ähhh... Okay...?<<
>>Es ist nicht wichtig für dich, da es ja schon feststeht, dass ich Mitsuk... Ich habe das schon oft genug gesagt. Ich kann die Wörter >Mitsuko< und >heiraten< nicht mehr hören.<<
>>Ich auch nicht.<<
>>Ich sollte dir nicht von mir erzählen. Du kannst mir von dir erzählen, wenn du willst.<<
>>Ich hab nichts zu erzählen.<<
>>Echt?<<
>>Na ja, manchmal hab ich das Gefühl, dass ich nach irgendwas suche...<<
>>Ich glaube, ich weiß, was du suchst.<<
>>Was suche ich denn?<<
>>
Anata no hontō no ai.<<
>>Anatano honto noai?<<
>>Deine wahre Liebe.<<
>>Dieser Anatano ist nicht meine wahre Liebe!<<
>>Kein Japaner heißt Anatano.<<
>>Ääähhh...<<
>>
Anata no hontō no ai bedeutet Deine wahre Liebe. Du suchst nach deiner wahren Liebe. Du musst sie finden. Verstanden?<<
>>Verstanden. Ich muss meine wahre Liebe finden.<<
>>Du hast sie noch nicht gefunden. Weder in Stanisław oder Bela noch in Vidar oder Waldo.<<
>>Nein, ich habe sie noch nicht gefunden.<<
Shun sah sie an und zuckte wieder zusammen. >>Du hast sie noch nicht gefunden. Aber warum? Du warst immer beschäftigt. Vielleicht...<< Er verstummte.
>>Was ist vielleicht?<<
>>Wen siehst du öfter als Stanisław, Bela, Vidar und Waldo zusammen?<<
>>... Dich!<<
>>Ja. Du hast es, Nella. Du kommst immer direkt zu mir, wenn du Liebeskummer hast. Aber ich bin für dich immer nur ein Freund. Was ist, wenn das eigentlich nicht gilt und du das nur noch nicht gemerkt hast?<<
>>Ääähhh... Stimmt... Mhm...<<
>>Ich weiß nicht, ob ich richtig liege. Vielleicht. Natürlich wäre es besser, wenn ich falsch liegen würde...<<
>>Natürlich... Aber auch nur wegen Mitsuko.<<
>>Liege ich falsch oder richtig? Du weißt es wahrscheinlich am genauesten.<<
>>Ich... ich glaube, du liegst... richtig.<<
>>Ich bin vorher auch noch nie darauf gekommen.<<
>>Ich auch nicht. Gar nicht.<<
>>Mitsuko würde sich nicht freuen.<<
>>Mitsuko würde sich in der Tat nicht freuen. Mitsuko, Mitsuko.<<
>>Matsu wäre auch nicht glücklich... Aber sie weiß es ja nicht. Mitsuko wird es auch nicht wissen.<<
Nella schwieg.
Shun nickte ihr zu und ging. Als er weg war, bemerkte Nella, dass er ihr eine Karte dagelassen hatte. Sie nahm die Karte in die Hand und öffnete sie. Es war keine Landkarte, sondern eine Klappkarte. Eine Einladung. Die Einladung zu Shuns und Mitsukos Hochzeit. Nella konnte den Blick nicht mehr von der Einladung lösen. Sie war so vorhersehbar gewesen, aber doch sensationell. Ihr wurde heiß und wieder kalt und sie war wütend und froh zugleich. Es war schrecklich, dass Mitsuko und Shun es mit der Hochzeit wirklich so ernst nahmen und sie schon bis ins letzte Detail geplant hatten, doch es war unvorstellbar für Nella, nicht eingeladen zu werden. Und sie wurde tatsächlich eingeladen. Auch wenn die Hochzeit ein schreckliches, deprimierendes Erlebnis für sie sein würde, war sie trotzdem froh, überhaupt dabeisein zu dürfen. Nella steckte die Karte ein und begab sich in ihr Zimmer. Dort musste sie unter anderem auch darüber nachdenken, dass Shun ihre wahre Liebe war. Konnte das denn wirklich sein? Sie hatte ihn nie geliebt und doch mehr als alle anderen. Er war gebildet, aber nicht zu oberschlau und vor allem sehr ausdauernd und kontrolliert. Er war cool, aber nicht obercool und eitel. Seine Haare waren gewaschen, aber nicht gegelt. Wenn er sang, hatte er eine schlechtere Stimme als Vidar, aber seine Songs waren weniger langweilig und viel faszinierender. Er sang durch und durch keinen Pop. Er hatte eine ruhige Art zu reden und wenn er erzählte, wurde einem nicht langweilig beim Zuhören. Er brauste nicht schnell auf und hatte keine für ihn typischen Wörter, die er in jedem Satz benutzte. Das war alles schön und gut, aber es war unvorstellbar für Nella, in ihn verliebt zu sein! Doch sie musste sich überwinden. Äußerlich passte sie vielleicht nicht zu Shun, aber innerlich zumindest besser als er und Mitsuko. Shun und Mitsuko hatten an sich einen recht ähnlichen Charakter, Nella und Shun nicht. Trotzdem. Das Äußere von Shun und Mitsuko passte auch nicht. Zu ähnlich. Nella ließ sich auf ihr Bett fallen. Bevor sie zum Essen ging, würde sie ein bisschen dösen.

Nach dem Essen wollte sie wieder auf ihr Zimmer gehen, doch auf dem Flur hielt sie inne, da sie sehen konnte, wie Shun in ein ernstes Gespräch mit Malwin vertieft war. Sie versteckte sich hinter einer großen Topfpflanze und beobachtete die beiden. Malwin lachte und legte Shun die Hand auf die Schulter. Shun blickte ernst drein und redete leise auf ihn ein. Malwin streckte seine Hand aus und Shun schlug ein. Dann kramte er etwas schwarzes aus seiner Hosentasche. Was war es nur? Nella sah eine Münze blitzen. Es war sein Portemonnaie! Shun hielt kurz inne, dann schüttete er den Inhalt seines Portemonnaies in Malwins ausgestreckte Handfläche. Malwin nahm das Geld entgegen und steckte es in seine eigene Geldbörse. Er lachte wieder laut auf und schüttelte Shun die Hand. Shun murmelte etwas, nickte ihm zu und verschwand mit ernster Miene. Malwin sah ihm nach, dann ging auch er, während er sich ins Fäustchen lachte. Nella bemerkte, dass Mitsuko das Vorgehen ebenfalls beobachtet hatte und Malwin jetzt hinterherrannte. Sie hielt fest. Nella ging näher ran. >>Warum hast du Shun das Geld gestohlen?<<, rief Mitsuko.
>>Ich habe es ihm nicht gestohlen! Ich besitze es wegen dir! Du kannst nicht behaupten, ich habe es ihm gestohlen! Er hat es mir freiwillig gegeben! Und jetzt verschwinde!<<
>>Niemals! Gib das Geld her! Sein Geld war auch mein Geld und ich werde nicht zulassen, dass dieses viele Geld in die Hände eines solchen Fieslings und Bösewichts wie dir gerät!Rück es raus!<<
>>Nun mal langsam! Wiederholen ist gestohlen! Das ist mein Geld, nicht deines!<<
>>Es... Es ist nicht dein Geld! Es ist Shuns Geld und mein Geld, unser Geld! GIB MIR DAS GELD!<<
>>Nie im Leben! Es ist mein Geld, das schwöre ich! Shun hat den Vertrag unterschrieben! Ich habe sogar Papiere, die das beweisen! Bevor du uns beobachtet hast, haben wir den Vertrag schon unterschrieben! Das, was du gesehen hast, war der praktische Teil, die Übergabe! Es ist mein Geld, du! Und du hast hier nichts mehr zu suchen!<<
Nella konnte nicht länger ansehen, wie die arme Mitsuko gegen den bulligen Malwin für Shuns Geld kämpfen musste. Sie sprang aus ihrem Versteck und riss Malwin das Geld aus der Hand. Malwin schlug nach ihr, doch im letzten Moment wich sie aus. Mitsuko entfernte sich ein wenig. Nella warf ihr das Geld zu. Mitsuko machte sich aus dem Staub. Doch Malwin hatte keine Ruhe gefunden. Er nahm Nella in den Schwitzkasten, doch sie ging geschickt mit seiner Kraft mit und schlüpfte unten durch seinen Ellbogen, ehe sich der Schwitzkasten schließen konnte. Von hinten trat sie ihm in die Kniehöhlen, damit er einen Moment lang nur auf den Schmerz achtete und floh, während er sich mit seinen Knien befasste und nicht auf sie achtete.
Im Flur rannte sie, damit sie, falls sie von Malwin verfolgt wurde, schnell in ihr Zimmer konnte. Plötzlich stieß sie mit Eka zusammen. >>Oh, sorry, Eka! Ist hier Malwin?<<
>>Nein, wieso? Wegen mir nicht.<<
>>Ich hatte eben einen Streit mit ihm. Er ist jetzt echt aggressiv drauf.<<
>>Ach so. Nein. Er ist nicht hier.<<
>>Puh. Super. Was willst du jetzt machen?<<
>>Eigentlich wollte ich gerade Mangostreifen kaufen.<<
>>Gut, ich komme mit. Ich hab echt Hunger.<<
>>Okay.<< Eka und Nella gingen zum Supermarkt und kauften die Mangostreifen. Plötzlich fing es an zu regnen und die Tüte mit den Mangostreifen (Eka hatte sie übrigens schon geöffnet) fiel in eine Pfütze, die sich in Rekordgeschwindigkeit gebildet hatte. Nella checkte gerade unaufmerksam ihre Mails und lief voll in die Pfütze rein.
>>Achtung!<<, schrie Eka, doch zu spät.
>>Mist, die Schuhe hab ich erst letzten Samstag gekauft!<<, fluchte Nella und versuchte, sich den Mango-Pfützenwasser-Schmodder von den Sohlen zu schaben. Es half nichts. Die glibberigen, klebrigen, mit Pfützenwasser getränkten Mangostreifen blieben eklig an ihren Schuhen kleben. Nella schwang mit voller Wucht ihr Bein, sodass sie von ihrem Schuh flogen. Sie landeten zu Malwins Füßen. Er hatte sie nämlich inzwischen eingeholt. Malwin glitt aus und landete auf dem Fahrradweg. Eine ältere Dame auf einem Hollandrad schrie verärgert: >>Räumen Sie sofort den Weg! Dies ist ein Fahrradweg, der ist nicht zum Chillen da! Haben Sie überhaupt schon mal etwas von guten Manieren gehört?! Nein, nicht wahr? Also los! Sie haben noch nicht solche schmerzenden Knochen wie ich! Für Sie ist es also ein Leichtes, aufzustehen! Hopp, machen sie schon!<< Malwin rappelte sich auf. >>Entschuldigung!<<, murmelte er. Nella und Eka waren inzwischen in Ekas Zimmer angelangt. Nella schrubbte ihre Schuhe. Eka suchte nach alten, trockenen Mangostreifen. Gerade, als sie zum Abendessen gehen wollten, fand sie eine Packung. >>Das sind welche! Die nehmen wir zum Abendessen mit!<<
>>Okay, ich stelle meine Schuhe dann einfach schon mal unter die Heizung.<<
Nella und Eka gingen zum Abendessen. Es gab mal wieder Brot mit Belag, Saft, Tee und Wasser.
>>Langsam wird's fad, nhe, Eka?<<, fragte Nella und schmierte sich lustlos ihr Brot.<<
>>Solange ich Mangostreifen habe, nicht. Und den Maracuja-Saft finde ich immer noch lecker.<<
>>Ich frage mich, ob du das in 5 Jahren immer noch so sehen wirst.<<
>>Ist doch auch egal. Dann finde ich wahrscheinlich Apfelsaft lecker und mag Apfelchips.<<
Nella wandte ihren Blick von Eka ab und sah sich nach Shun um. Er saß am anderen Tischende neben Mitsuko und redete mit ihr. Wahrscheinlich besprach er die Sache mit dem Geld.
Malwin ließ sich weit und breit nicht blicken.
Nella bemerkte, dass Iracema wieder da war. Außerdem fiel ihr ein, dass Shun seinen Verband nicht mehr trug, seitdem 3 Tage vergangen waren.
Vidar und Amira-Parizad fehlten. Anscheinend waren sie bei der Beerdigung von Carola-Lee. Nella schob ihren Teller weg und lehnte sich zurück. Das Essen schmeckte ihr nicht mehr. Der Gedanke an die krank gestorbene Carola-Lee hatte ihr den Appetit verdorben. Außerdem wollte sie neue Geschmäcker haben, nicht immer nur das fade Brot und Kräuterbaguette. Milchreis wäre mal gut, oder etwas richtig exotisches. Auch wenn es vielleicht ungewöhnlich wäre, wäre es zumindest mal etwas anderes und eine Abwechslung. Nella sprang auf und lief schnurstracks auf Amy zu. >>Amy, kannst du vielleicht mal was Chinesisches kochen und zum Essen dazustellen? Wär' echt lecker. Danke.<< Und sie lief wieder zu ihrem Platz. Nein! Amy hielt sie fest. >>Ich esse die Sachen von hier nie. Willst du?<< Amy hielt ihr eine Schüssel mit einer scharfen Nudelsuppe hin. Nella schnappte sich die Schüssel und machte sich sofort an sie ran.
>>Huch? Wo hast du das denn plötzlich her? Sieht voll lecker aus!<<, fragte Eka.
>>Hat mir Amy gegeben<<, sagte Nella.
Eka holte sich auch eine Schüssel von Amy. Die hatte genug vorbereitet.

Nach dem Abendessen hörten sich Nella und Eka die Bands an. Heute sangen >>Lupus<<, >>Lapislazuli<< und >>Parihan<<, die nun nur noch aus Amira-Parizad bestand, die wegen der Beerdigung nicht konnte und von der Band >>Pronomy<<, wo Aluna, Amali, Charlotte und Arvo mitmachten, vertreten wurde.
Um 22 : 30 Uhr ging Nella schlafen.

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14: Abend-Telefonate

Während Nella das Frühstück aß, beriet sich Gül mit Midori. >>Gut, ich hab dieses Haus jetzt gekauft! Danke für deinen Viertelanteil, ...